Vermeintliche Software-Schnäppchen

Vermeintliche Software-Schnäppchen

Wer sich online auf die Suche nach PC-Software – sei es ein Betriebssystem, eine Office-Lösung oder ein Programm zur Fotobearbeitung macht – stellt schnell fest, dass die entsprechende Software online zu extrem unterschiedlichen Preisen angeboten wird. Während bei den üblichen Elektronikhändlern die Programme in der Filiale wie auch im Internet zu ähnlichen meist im mittleren dreistelligen Bereich gelegenen Preisen angeboten werden, gibt es eine Vielzahl von Anbietern, die bei Ebay oder eigens eingerichteten Online Shops, die gleichen Programme von 10,00 € bis 35,00 € anbieten. Die entsprechenden Angebote versprechen dabei, dass es sich um völlig legale OEM-Versionen der entsprechenden Software handelt. Dabei werden zum Teil Datenträger mit den entsprechenden Programmen versendet, zum Teil soll die Software auch über die frei zugänglichen Server des Anbieters heruntergeladen werden und der Anbieter übersendet lediglich den Schlüsselcode, mit dem die Software dann auf dem eigenen Gerät freigeschaltet werden kann.

Recherchiert man über diese Vorgehensweise im Internet, so fällt zunächst auf, dass in PC-Foren diese Art des Software-Erwerbs Nutzern ans Herz gelegt wird. Tatsächlich lassen sich auch im Internet diverse Urteile finden, in denen der Verkauf der sogenannten OEM-Software für rechtmäßig erklärt wurde. Bei etwas genauerer Recherche finden sich allerdings auch eine Vielzahl von Urteilen, nach denen Richter die Rechtslage scheinbar völlig gegenteilig bewertet haben. Die tatsächliche Rechtslage ist wie so oft nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint und muss auf den jeweiligen Einzelfall bezogen werden. Zunächst muss bereits dahingehend differenziert werden, dass OEM-Software nicht gleich OEM-Software ist. Versteht man allgemein darunter Software, die zusammen mit einem PC verkauft wird, etwa das bereits vorinstallierte Betriebssystem. Diese Software darf zwischenzeitlich auch höchstrichterlich bestätigt, bei einem Weiterverkauf des PCs auch weitergegeben werden und vom Erwerber verwendet werden.

Vor nicht langer Zeit landete allerdings auf meinem Schreibtisch ein Fall, in dem mein Mandant, nachdem er bei einem vermeintlichen Schnäppchen zugeschlagen hatte, einen Anhörungsbogen der Polizei erhielt, mit dem er als Beschuldigter vernommen werden sollte. Nachdem ich die Akte sichten konnte, stellte sich die Angelegenheit so dar, dass von Microsoft beauftragte Privatermittler einen Händler ermittelt hatten, der Office-Versionen über Ebay angeboten hatte. Bei den entsprechenden Software-Lizenzen handelte es sich um Massenlizenzen, die von Microsoft selbst zu hunderten an außerhalb des EU-Auslands gelegenen Firmen veräußert wurden. Auf nicht näher geklärte Weise, waren offensichtlich ungenutzte Lizenzen zu dem deutschen Händler gekommen. Nach entsprechender Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, wurde bei dem Händler eine Hausdurchsuchung durchgeführt, in deren Folge gegen tausende seiner Kunden wegen Verstößen gegen das Urheberrecht ermittelt wurde.

Dabei war insbesondere interessant, dass die Staatsanwaltschaft den jeweils vom Händler versandten Software-Datenträger als formell legal ansah, das vom Kunden bei der Installation der Software erstellte Abbild allerdings als illegale Vervielfältigung gelten sollte. Für meinen Mandanten war es sicherlich erfreulich, dass ich in der Angelegenheit kurzfristig und unkompliziert die Einstellung des Verfahrens bewirken konnte. Dies hat allerdings auch zur Folge, dass die von der Staatsanwaltschaft vertretene Rechtsauffassung nicht gerichtlich überprüft wurde. Ob andere Verfahren tatsächlich zur Anklage gebracht werden, entzieht sich bislang meiner Kenntnis. Da es allerdings weiterhin derartige Software-Angebote gibt und diese den Software-Herstellern wie auch den anderen Händlern weiterhin ein Dorn im Auge sein dürften, ist anzunehmen, dass sich auch in Zukunft Gerichte mit derartigen Fällen beschäftigen werden müssen. Bis dahin, sollte sich jeder genau überlegen, aus welcher Quelle er seine Software beziehen mag.

Artikel von Rechtsanwalt Christoph Liese

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